Telekom Peering: Meta beendet die direkte Verbindung mit der Deutschen Telekom. Facebook, Instagram und WhatsApp bald nur noch im Schneckentempo? Deutsche Internetnutzer könnten die Leidtragenden sein.
Peering – das klingt technisch und kompliziert. Doch dahinter verbirgt sich ein einfaches Prinzip. Internetanbieter tauschen untereinander Daten aus. Bei einer direkten Peering-Partnerschaft, wie sie bisher zwischen Meta (AS32934) und der Telekom (DTAG AS3320) bestand, fließen die Daten auf dem kürzesten Weg zwischen den Netzwerken der beiden Unternehmen. Das sorgt für schnellere Ladezeiten und geringere Latenzen, da der Verkehr nicht über die Netzwerke dritter Anbieter umgeleitet werden muss – ein Vorteil für die Nutzer. Doch damit ist jetzt Schluss.
Meta vs. Telekom: Der Streitpunkt
„Wir sind enttäuscht, dass wir unsere direkte Peering-Partnerschaft mit der Deutschen Telekom beenden müssen“, heißt es in einem Statement von Meta vom 25. Sept. 2024.
Meta begründet den Schritt mit einem Gerichtsurteil, wonach die Telekom unfaire Preise für die Nutzung ihres Peering-Netzwerks verlangt habe.
Im Kern geht es um die Frage, ob Peering kostenlos sein sollte oder ob dafür Gebühren verlangt werden dürfen. Traditionell basiert Peering auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit. Internetanbieter tauschen Daten kostenlos aus, solange das Datenaufkommen in beide Richtungen ungefähr gleich groß ist. Dieses Prinzip gilt als Grundlage für ein offenes und faires Internet.
Die Telekom verlangt jedoch von großen Datenanbietern wie Meta Gebühren für den Datentransit durch ihr Netzwerk. Der Konzern argumentiert, dass der Datenverkehr von Meta so groß sei, dass er die Netzkapazitäten belaste und daher kostenpflichtig sein müsse.
Meta kontert diese Argumentation und betont, dass die Beendigung des Peering-Abkommens auf unfaire Preisforderungen der Telekom zurückzuführen sei. Die Telekom wiederum weist diese Darstellung zurück und wirft Meta vor, sich nicht an die „Spielregeln“ des Internets zu halten.
„Anstatt das Urteil eines unabhängigen deutschen Gerichts zu akzeptieren, spielt Meta jetzt ein grobes Foul“, heißt es in einer Stellungnahme der Telekom. „Die Deutsche Telekom wird Meta ihre Datentransportleistung als Vorleistung für ihr online Geschäftsmodells weiterhin in Rechnung stellen.“
Der Streit zwischen Meta und der Deutschen Telekom um die Peering-Gebühren landete vor Gericht. Die Telekom verlangte von Meta satte 20 Millionen Euro für den Datentransit durch ihr Netzwerk. Das Landgericht Köln (Az. 33 O 178/23) gab der Telekom im Mai 2024 Recht und bestätigte die Forderung.
Die Telekom steht nicht zum ersten Mal wegen ihrer Peering-Politik in der Kritik. Kritiker werfen dem Unternehmen vor, seine marktbeherrschende Stellung auszunutzen, um deutlich höhere Gebühren zu verlangen, als dies bei anderen Carriern üblich ist.
Cloudflare vs. Telekom: Ein Kampf der Giganten
Ähnlich wie Facebook liegt auch Cloudflare, einer der größten Anbieter von Content Delivery Networks (CDN), im Clinch mit der Telekom. Cloudflare betreibt ein globales DDoS-geschütztes Netzwerk von Servern, die Webseiten zwischenspeichern und so schneller ausliefern. Auch Cloudflare bietet Internetanbietern kostenloses Peering an. Die Telekom verlangt jedoch auch hier Transitgebühren, was zu einem langwierigen Streit geführt hat.
In verschiedenen Online-Foren berichten Telekom-Kunden über Probleme beim Zugriff auf Webseiten, die das Cloudflare-Netzwerk nutzen. Oft kommt es zu längeren Ladezeiten, Paketverlusten und Verbindungsabbrüchen.
Die Probleme treten vor allem zu Stoßzeiten auf, wenn die Netzkapazitäten stark ausgelastet sind. Dies deutet darauf hin, dass die Transitwege, die Cloudflare nutzen muss, um Telekom-Kunden zu erreichen, überlastet sind.
- Telekom-Hilft-Forum:
- Cloudflare Community:
In diesen Forenbeiträgen beschweren sich Telekom-Kunden über verschiedene Probleme, die sie beim Zugriff auf Webseiten haben, die das Cloudflare-Netzwerk nutzen. Webseiten laden sehr langsam oder gar nicht. Es kommt zu Paketverlusten, was zu Verbindungsabbrüchen oder fehlerhaften Darstellungen führen kann. Die Verbindung zu Webseiten bricht immer wieder ab. DNS-Anfragen werden zum Beispiel über das Cloudflare-Netzwerk in den USA geleitet, obwohl der Nutzer in Deutschland ist.
Hetzner vs. Telekom: Peering-Streit mit Nachspiel
Auch der Hosting- und Rechenzentrumsbetreiber Hetzner hatte in der Vergangenheit (2015) Ärger mit der Telekom wegen Peering-Gebühren. Um die Erreichbarkeit seiner Server für Telekom-Kunden zu verbessern, führte Hetzner zeitweise „Double Paid Traffic“ ein. Kunden konnten gegen einen Aufpreis pro Monat und Server eine schnellere Anbindung an das Telekom-Netz erhalten. Technisch wurde dies über den Transit-Provider Core-Backbone realisiert. Hetzner kritisierte die Telekom dafür, dass sie einerseits keine offene Peering-Politik betreibe, andererseits aber auch nicht mit ausreichender Kapazität an andere Tier-1-Carrier angebunden sei.
Die Situation war so, dass Hetzner die kostenpflichtige Option („Double Paid Traffic“) eingeführt hatte, um die zusätzlichen Kosten für den Transit über Core-Backbone zu decken. Gleichzeitig wuchs die Zahl der Nutzer und damit auch das Datenaufkommen bei Hetzner, was zu einer Überlastung des Netzes zwischen den eingesetzten Transit-Providern Core-Backbone, GTT/NTT und der Deutschen Telekom führte.
Hetzner stand also vor einem Dilemma: Entweder die Preise für „Double Paid Traffic“ weiter erhöhen, um die steigenden Transitkosten zu decken, oder die kostenpflichtige Option ganz abschaffen und eine andere Lösung finden. Die Lösung bestand darin, wieder eine direkte Peering-Verbindung mit der Telekom herzustellen. Ob Hetzner dafür nun die ursprünglich geforderten Gebühren an die Deutsche Telekom zahlt oder ob es andere Vereinbarungen gibt, ist nicht bekannt.
VPN: Stabiler surfen trotz Peering-Problemen
Nutzer, die von Peering-Problemen mit der Telekom betroffen sind, können diese mithilfe eines VPN umgehen. Ein VPN verschleiert den Ursprung des Datenverkehrs, indem es diesen über einen externen Server leitet. Dadurch wird der Datenverkehr nicht mehr direkt über die Telekom, sondern über den VPN-Anbieter geroutet. Beispielsweise wird der Datenverkehr vom Telekom DSL-Anschluss über den VPN-Server zum Ziel geleitet. In diesem Fall kann die Verbindung vom Nutzer zum VPN-Server eine bessere oder weniger ausgelastete Route nutzen. Auf diese Weise können Nutzer die Peering-Problematik umgehen und von schnelleren, stabileren Verbindungen sowie geringeren Latenzen profitieren. Es ist jedoch zu beachten, dass dies nicht immer eine garantierte Lösung für Peering-Probleme darstellt.
Auswirkungen auf die Nutzer
Die Beendigung der direkten Peering-Partnerschaft zwischen Meta und der Telekom, sowie der Streit mit Cloudflare, könnte negative Auswirkungen auf die Internetnutzer in Deutschland haben. Es ist möglich, dass es zu längeren Ladezeiten, höheren Latenzen und Verbindungsproblemen kommt, wenn Inhalte über andere Netzwerke (z.B. Transit Provider) umgeleitet werden müssen. Auch die Qualität von Video-Streams und anderen Multimedia-Inhalten könnte beeinträchtigt werden. Es ist möglich, dass andere Internetanbieter dem Beispiel von Meta folgen und ihre Peering-Partnerschaften mit der Telekom beenden. Dies könnte zu einer Fragmentierung des Internets führen und die Qualität der Internetverbindungen in Deutschland beeinträchtigen.